Mittwoch, 19. Dezember 2012

Steve Watson "Ich. Darf. Nicht. Schlafen."


Jeden morgen aufzuwachen ohne zu wissen, wer man ist oder wo man ist - eine schlimmere Vorstellung gibt es wohl kaum. Der Mann neben einem im Bett ist fremd, das Gesicht im Spiegel um Jahre älter als erwartet und jeden Tag aufs neue muss einem jemand die eigene Lebensgeschichte erzählen. Genau das passiert Christine in „Ich. Darf. Nicht. Schlafen“. Durch jede Nacht Schlaf verliert sie ihr Gedächtnis. Doch mit viel Arbeit und der Hilfe eines Arztes beginnt sie, sich bruchstückhaft an Dinge zu erinnern. 
Was auf den ersten Blick klingt wie ein Roman über das Leiden einer Frau, ist in Wahrheit ein haarsträubender und packender Thriller. Wenn man niemanden in seinem Umfeld kennt, wem kann man dann trauen? Wer sagt einem die Wahrheit und wenn jemand lügt, warum? Je mehr Erinnerungen zurückkommen, desto klarer wird, dass irgendetwas nicht stimmen kann in Christines Leben. Doch wer oder was ist der Grund dafür? Die ganze Geschichte wird durch aus der Sicht von Christine erzählt, durch ein Tagebuch, das sie führt und jeden Tag neu lesen muss, um sich zu erinnern. Ihr Blick auf die Welt ist verzweifelt und menschlich. Man leidet mit ihr und zweifelt mit ihr, ständig schleicht sich einer neuer Verdacht zwischen die Zeilen und lässt einen innehalten. Gleichzeitig bleibt die Frage, ob mit ihrer Krankheit nicht schlicht und einfach eine ausgeprägte Paranoia einhergeht und sie sich alles nur einbildet. Der Autor erzählt eindringlich und lebensnah, für den Leser ist Christine kein Forschungsprojekt sondern wird sehr schnell zu einer Person, die man schützen möchte. Eindringlich erzählt erlebt man mit, wie Christine an ihre Grenzen kommt und darin schwankt, einfach aufzugeben und sich in ihr Schicksal, immer nur einen Tag zu haben um sich kennen zu lernen, zu ergeben. 
Es ist das Buch einer starken Frau in einer unglaublich spannenden Geschichte. Auch wenn die klassischen Elemente des Thrillers vielleicht fehlen, wenn es keine Leichen gibt und kein Blut fließt, kann man es gar nicht erwarten, eine Seite umzublättern und zu wissen, wie es weitergeht. Die Spannung ist hier viel subtiler angelegt und schwelt ständig unter der Oberfläche der Geschichte. Das latente Wissen, dass irgendwas etwas nicht stimmt, ist die ganze Zeit da, doch was es ist, kann weder Christine noch der Leser so richtig benennen.
 Wer noch schnell ein Geschenk für Weihnachten braucht oder sich selbst eine Freude machen will, dem kann ich diesen Thriller nur ans Herz legen! 

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